Capricho No. 16
Was sich in der Thematik zuvor, durch das Capricho Nummer 15, bereits andeutete, findet hier als Thema seine logische Fortsetzung: Die käufliche Liebe - doch dieses Mal nicht angeboten in den feinen Salons der Bordelle, sondern käuflich erworben auf der Straße.

Eben jener Straße, in der sich die sich neben den jungen und billigen Liebesdienerinnen, auch Bettler, Diebe, Krüppel und aller Hoffnung beraubter, nur einfach nur alternde – ja gänzlich Vergessene, ihr tägliches Auskommen zu finden hoffen.

Auch hier wird wieder der zuvor angedachte, gedankliche Bogen Goyas weiter angespannt: Die jungen „Käuflichen“, könnten nun hier selber – auf der Straße der Ärmsten - angebettelt werden, im Grunde sogar von der eigenen Mutter, aber man würde sie nicht erkennen.

Dies lasterhafte, wenn auch einträgliche Geschäft, mit dem eigenen, frühreifen Geschlecht, geschieht, im Sinne Goyas, um den Preis einer zu nehmenden Vereinsamung und vor allem vorzeitigen Alterung des eigenen Ichs – des sich Aufbrauchens mit der Konsequenz einer familiären und gesellschaftlichen Entfremdung.

Es ist ein bitterer Kreislauf im Leben auf der Straße – angefangen von dem sich selber anbieten – und dann, wenn alle Kraft und Saft aufgebraucht sind – bleibt letztendlich nur, um auch weiter überleben zu können, das anbetteln der vermeintlich eigenen Kinder.

Ganz rührend – die Geschichte, zu diesem Capricho, die im Prado hierzu hinterlegt ist: „ Das junge Mädchen verließ früh die Heimat. Nach einer Lehrzeit in Càdiz kam sie nach Madrid; dort zog sie das große Los. Einmal geht sie auf der Prado-Promenade spazieren; da wird sie von einer schmutzigen, gebrechlichen Greisin um ein Almosen angebettelt; sie weist sie ab; doch die Alte lässt nicht locker. Das aufgeputzte Mädchen dreht sich um und – wer würde darauf kommen? - erkennt in der Bettlerin ihre eigene Mutter.“


Straßenkinder

Bleistift, Farbstift, Aquarell
Wvz. 4817
Format: 500 x 350 mm

September 2012
 
* Dios la perdone: y era su madre - Möge Gott ihr verzeihen: es war ihre Mutter

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